Martin Kušej walzt Edward Albees Klassiker platt

“Martha und George lieben sich.” So beginnt das Programmheft der Inszenierung von Martin Kušej am Münchner Residenztheater, gesehen von Nikolaus Frei und Mike Sperber am 20.12.2014. Nein.

Aber fangen wir am Anfang an: Ins Auge sticht sofort das Bühnenbild, das hauptsächlich aus einem ca. 1,50m tiefen weißen Spielstreifen mit weißer Rückwand besteht. (Davor noch eine Müllgrube mit Glasscherben.) Da dieses auf jegliche Struktur verzichtet, ist es eigentlich eine besondere Herausforderung für die Schauspielführung, Beziehungen zwischen den Charakteren sichtbar zu machen.

Von Schauspielführung ist allerdings nicht viel zu sehen: Stattdessen wissen die Darsteller über weite Strecken des Abends nichts mit sich anzufangen. Entsprechend flüchten sie sich in unnatürliche Posen und Manierismen und halten sich immerzu an einer endlosen Reihe von Drinks und Zigaretten fest wie in einer durchschnittlichen Dallas-Folge. Bei Tuchfühlung wird geschmiert. Nach zehn Minuten wird auch klar, dass der gesamte Abend im gleichen leierigen Tempo vorgetragen wird. Was also das Bühnenbild vorgibt - aus drei Dimensionen zwei zu machen

  • setzen Regie und Schauspieler konsequent fort.

Zudem: Immer, wenn es ansatzweise spannend werden könnte, geht das Licht aus. (Das Problem hat auch nachtkritik.de identifiziert.) Die unzusammenhängende Strichfassung tut ihr übriges, aus einem der großartigsten Stücke des zwanzigsten Jahrhunderts eine inkohärente Zusammenstellung von Dialogfetzen und selbstgefälligen langweiligen Tableaux zu machen.

Die Schauspieler reißen es leider nicht heraus. Bibiana Beglaus Martha wirkt, als hätte Cruella de Vil sich bei Edward Albee verirrt. Tatsächlich möchte man ihr einen Mantel aus 101 Dalmatinern umhängen. (Dass sie sich möglicherweise in einem anderen Stück befindet, ist auch der Welt aufgefallen.) Man fragt sich über die gesamte Zeit, warum Johannes Zirners Nick und Nora Buzalkas Honey aus Langeweile nicht einfach gehen. Am besten schlägt sich noch Norman Hacker als George - vor allem, wenn er allein auf der Bühne ist.

Gleich mehrere Rezensionen sind sich einig, dass die Gesellschaftskritik in Albees Stück Regisseur Kušej nicht interessiert. Tatsächlich scheint dem Mann alles egal zu sein.